4. Spezielle Voraussetzungen der fristgemäßen Kündigung


Neben den allgemeinen Voraussetzungen gibt es spezielle Voraussetzungen, die von der Art der Kündigung abhängig sind. Bei der fristgemäßen Kündigung ist dies zum einen die Kündigungsfrist durch das Bürgerliche Gesetzbuch zum anderen die soziale Rechtfertigung der Kündigung durch das Kündigungsschutzgesetz.


a) Bürgerliches Gesetzbuch -> Kündigungsfrist

Wie die Bezeichnung „fristgemäße Kündigung“ schon vermuten lässt, muss diese Art der Kündigung eine Frist einhalten. Welche Frist maßgeblich ist, bestimmt sich danach ob die Kündigungsfrist irgendwo speziell geregelt ist oder nicht.

Kündigungsfristen können zum Beispiel in Tarifverträgen speziell geregelt sein. Auch der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers kann spezielle Kündigungsfristen enthalten. Wenn ein Tarifvertrag oder der Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers eine Kündigungsfrist enthält, dann muss diese auch beachtet werden.

Nur wenn weder Arbeitsvertrag noch Tarifvertrag oder Ähnliches eine Kündigungsfrist enthalten, gilt die allgemeine Regelung des § 622 BGB. Nach § 622 Abs.1 BGB beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen, nach § 622 Abs.2 BGB gilt je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit eine längere Kündigungsfrist.


b) Kündigungsschutzgesetz -> soziale Rechtfertigung durch Kündigungsgrund

Die Kündigung muss auf einem Kündigungsgrund beruhen und verhältnismäßig und interessengerecht sein.

Als Kündigungsgründe kommen in Betracht: Kündigungsgründe in der Person des Arbeitnehmers, Kündigungsgründe in dem Verhalten des Arbeitnehmers oder betriebliche Gründe die eine Kündigung erforderlich machen. Entsprechend der Kündigungsgründe ergeben sich folgende Unterkategorien der fristgemäßen Kündigung:

Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers -> personenbedingte Kündigung

Kündigungsgrund in dem Verhalten des Arbeitnehmers -> verhaltensbedingte Kündigung

Kündigungsgrund in dringenden betrieblichen Erfordernissen -> betriebsbedingte Kündigung


I. Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers -> personenbedingte Kündigung


Definition: Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers

Kündigungsgründe in der Person des Arbeitnehmers sind alle Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers liegen und die von dem Arbeitnehmer nicht gesteuert werden können.


Erklärung: Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers

Klassisches Beispiel für einen solchen Umstand, der nicht gesteuert werden kann, ist die Krankheit des Arbeitnehmers. Zusätzlich zu einem derartigen Umstand muss eine negative Prognose bezüglich des Umstands hinzutreten. Das bedeutet, dass z.B. im Falle der Krankheit nicht mit einer schnellen Genesung zu rechnen ist. Außerdem muss der Umstand die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigen.


II. Kündigungsgrund in dem Verhalten des Arbeitnehmers -> verhaltensbedingte Kündigung


Definition: Kündigungsgrund in dem Verhalten des Arbeitnehmers

Kündigungsgründe in dem Verhalten des Arbeitnehmers sind alle erheblichen, schuldhaften Verletzungen arbeitsrechtlicher Pflichten durch den Arbeitnehmer.


Erklärung: Kündigungsgrund in dem Verhalten des Arbeitnehmers

Klassisches Beispiel hierfür ist die wiederholte, geringfügige Verletzung der Betriebsordnung, obwohl der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ermahnt hat. Bei diesem Beispiel wird deutlich, dass bestimmte Verletzungen arbeitsrechtlicher Pflichten für sich genommen, nicht schwer genug sind als das sie eine Kündigung rechtfertigen würden. Wenn diese Verletzungen arbeitsrechtlicher Pflichten allerdings immer wieder auftreten und der Arbeitnehmer sich trotz aller Ermahnungen nicht bessert, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit den Arbeitnehmer zu kündigen.

Nur am Rande: In diesem Bereich wird auch die Abmahnung relevant. Bei kleineren Verstößen gegen arbeitsrechtliche Pflichten muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor abmahnen, bevor er ihm kündigen kann. Durch die Abmahnung soll der Arbeitnehmer die Chance erhalten, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen und, falls der Vorwurf berechtigt ist, sich zu bessern.


III. Kündigungsgrund in dringenden betrieblichen Erfordernissen -> betriebsbedingte Kündigung

Bei der betriebsbedingten Kündigung gibt es eine Besonderheit: Damit eine betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt ist, reicht es nicht aus, dass der Kündigungsgrund “dringende betriebliche Erfordernisse“ vorliegt. Die betriebsbedingte Kündigung ist erst gerechtfertigt, wenn der Kündigungsgrund “dringende betriebliche Erfordernisse“ vorliegt und der Arbeitgeber eine Sozialauswahl getroffen hat. Daher ist bei betriebsbedingten Kündigungen immer die folgende Reihenfolge einzuhalten:


(1)Liegt der Kündigungsgrund “dringende betriebliche Erfordernisse“ vor?

Wenn ja weiter bei 2. ->

(2) Hat der Arbeitgeber die richtige Sozialauswahl getroffen?


Definition dringende betriebliche Erfordernisse

Kündigungsgründe in dem Betrieb des Arbeitnehmers sind alle wirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers auf außer- oder innerbetriebliche Umstände die zu einem Wegfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers führen, ohne dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann.


Erklärung dringende betriebliche Erfordernisse

Ein dringendes betriebliches Erfordernis wäre zum Beispiel die schlechte Wirtschaftslage eines Unternehmens, die Einsparungen erforderlich macht. Der Arbeitgeber kann sich dann auch zur Kündigung von Personal entscheiden. Allerdings muss mit der Kündigung auch der Arbeitsplatz, besser der Arbeitsbedarf, wegfallen. Der Arbeitgeber soll eine schlechte Wirtschaftslage nicht als Vorwand nutzen können sich unliebsamer Arbeitnehmer zu entledigen, um anschließend den Arbeitsplatz der gekündigten Arbeitnehmer neu zu besetzen.


Beispiel: Der Arbeitgeber stellt Spielzeuge her. In den Spielzeugen wurden in jüngster Zeit gesundheitsschädliche Stoffe gefunden. Die Kunden meiden fortan die Spielzeuge des Arbeitgebers. Die Einnahmen des Arbeitgebers sinken. Der Arbeitgeber entschließt sich Arbeitnehmer zu entlassen. Er kündigt einem Arbeitnehmer und begründet die Kündigung mit der schlechten Auftragslage. Es gibt keinen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen an dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden könnte. Hier kann der Arbeitgeber die Kündigung mit dringenden betrieblichen Erfordernissen begründen.


Die Sozialauswahl in der betriebsbedingten Kündigung

Nun stellt sich die Frage: Woher weiß der Arbeitgeber wen er bei einer schlechten Auftragslage entlassen kann ? Kann er einfach beliebig jeden Arbeitnehmer entlassen oder muss er eine Auswahl treffen?

Die Antwort findet sich im Kündigungsschutzgesetz. Das Kündigungsschutzgesetz zwingt den Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen zu einer Sozialauswahl, er kann also nicht frei entscheiden, welchem Arbeitnehmer er kündigt.

Eine betriebsbedingte Kündigung ist auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie zwar auf dem Kündigungsgrund “dringende betriebliche Erfordernisse“ beruht, der Arbeitgeber jedoch keine Sozialauswahl getroffen hat. Das bedeutet, bei betriebsbedingten Kündigungen muss neben dem Vorliegen des Kündigungsgrundes “dringende betriebliche Erfordernisse“ auch eine sog. Sozialauswahl durchgeführt werden. Nur wenn beide Merkmale “dringendes betriebliches Erfordernis“ und “Durchführung einer Sozialauswahl“ vorliegen, ist die betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt.

Anders ausgedrückt: Das Kündigungsschutzgesetz zwingt den Arbeitgeber dazu, erstens die betriebsbedingte Kündigung mit betrieblichen Erfordernissen zu begründen und zweitens anschließend unter allen Arbeitnehmern, denen aus betrieblichen Erfordernissen gekündigt werden soll, nach sozialen Kriterien auszuwählen.

Diese sozialen Kriterien nennt das Kündigungsschutzgesetz ausdrücklich: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Der Arbeitgeber muss unter allen zu kündigenden Arbeitnehmern zunächst diejenigen mit der kürzesten Betriebszugehörigkeit, dem jüngsten Lebensalter und den geringsten Unterhaltspflichten sowie ohne Schwerbehinderungen auswählen.


Beispiel: In dem Betrieb des Arbeitgebers sind drei Arbeitnehmer.

Arbeitnehmer 1 gehört dem Betrieb seit zwanzig Jahren an, ist 49 Jahre alt und hat zwei Kinder, denen er zum Unterhalt verpflichtet ist.

Arbeitnehmer 2 gehört dem Betrieb seit dreizehn Jahren an, ist 41 Jahre alt und hat 1 Kind, dem er zum Unterhalt verpflichtet ist.

Arbeitnehmer 3 ist erst letztes Jahr eingestellt worden. Er ist 28 Jahre alt, ledig und kinderlos.

Wenn der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Erfordernissen kündigen möchte und sowohl Arbeitnehmer 1 als auch Arbeitnehmer 2 sowie Arbeitnehmer 3 für die Kündigung infrage kommen, muss er nach sozialen Kriterien Arbeitnehmer 3 auswählen. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht etwa dafür entscheiden Arbeitnehmer 1 zu kündigen, weil er dann keine Sozialauswahl im Sinne des § 1 Abs.3 KSchG getroffen hätte. Die Sozialauswahl des § 1 Abs. 3 KSchG zwingt den Arbeitgeber im vorliegenden Fall Arbeitnehmer 3 zu kündigen, wenn er aus betrieblichen Erfordernissen kündigen möchte.


Allgemeine Voraussetzungen der Kündigung                    Voraussetzungen der fristlosen Kündigung




Rechtsanwalt Andreas Alexa



info@rechtsanwalt-alexa.de



Köln:


Tel.: 0221 / 986 568 58


Fax: 0221 / 986 568 59



Rommerskirchen


Tel.: 02183 / 41 86 177


Fax: 02183 / 41 86 178



Sprechzeiten: 


Mo-Fr


09.00 Uhr - 12.00 Uhr


14.00 Uhr - 18.00 Uhr