Die gesetzliche Regelung
a) Ausdrücklich geregelt: Rechtsanspruch und Art des Arbeitszeugnisses
Der Rechtsanspruch auf das Arbeitszeugnis und die zwei unterschiedlichen Arten von Arbeitszeugnissen sind in § 109 GewO (Gewerbeordnung) gesetzlich geregelt.
Der Rechtsanspruch
Nach § 109 Abs.1 Satz 1 GewO kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber
bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis über seine bisherige berufliche Tätigkeit verlangen.
Verlangt der Arbeitnehmer das Zeugnis, und liegen die Voraussetzungen des § 109 GewO vor, muss der Arbeitgeber das Zeugnis ausstellen. Der Arbeitgeber hat keine Wahl, ob er das Zeugnis ausstellt oder nicht. Der Rechtsanspruch des Arbeitnehmers aus § 109 GewO ist für den Arbeitgeber verbindlich.
Beispiel: Der Arbeitnehmer kündigt sein Arbeitsverhältnis. Er verlangt von dem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis. Der Arbeitgeber möchte jetzt aber kein Arbeitszeugnis ausstellen. Er sagt, dass die Arbeitsbelastung im Moment sehr hoch sei, sodass er keine Zeit findet, ein Zeugnis auszustellen. Sobald der Arbeitgeber ein wenig Zeit findet, möchte er sich aber später darum kümmern.
Hier macht sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer schadenersatzpflichtig. Auch wenn er unter enormer Arbeitsbelastung steht, ist er gesetzlich verpflichtet dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen das Zeugnis auszustellen.
Die Arten von Arbeitszeugnissen
Nach § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO kann der Arbeitnehmer ein sog. einfaches Zeugnis verlangen, das Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthält.
Alternativ kann der Arbeitnehmer nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO auch ein sog. qualifiziertes Zeugnis verlangen, das zusätzliche Angaben zu seinem Verhalten und seiner Leistung im Arbeitsverhältnis enthält.
Der Arbeitnehmer kann selbst bestimmen, ob er lieber ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis erhält.
b) Nicht ausdrücklich geregelt: Prinzip der Wahrheit und Prinzip des Wohlwollens
Sowohl das einfache als auch das qualifizierte Arbeitszeugnis müssen zwei Rechtsgrundsätzen genügen : Dem Prinzip der Wahrheit und des Wohlwollens.
Nach dem Prinzip der Wahrheit muss das Arbeitszeugnis der Wahrheit entsprechen. Es darf nicht so weit geschönt werden, wenn dadurch falsche Tatsachen behauptet würden, oder ein falscher Eindruck von dem Arbeitnehmer entsteht.
Nach dem Prinzip des Wohlwollens darf das Arbeitszeugnis dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht unnötig erschweren.
Beispiel : Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer ein Zeugnis aus. In das Zeugnis schreibt der Arbeitgeber den folgenden Satz : Dieser Arbeitnehmer ist nicht nur faul, sondern auch inkompetent und streitlustig.
Selbst wenn der Arbeitgeber überzeugt ist, dass dieser Satz der Wahrheit entspricht, darf er so etwas nicht in das Arbeitszeugnis schreiben. Der Arbeitnehmer wird mit einem derartigen Zeugnis kaum einen neuen Arbeitgeber finden, der ihm eine Chance gibt. Wenn schon der bisherige Arbeitgeber ein so extrem schlechtes Bild von dem Arbeitnehmer verbreitet, sind andere Arbeitgeber noch weniger bereit sich ein eigenes Bild von dem Arbeitnehmer zu machen. Der Arbeitnehmer wird große Schwierigkeiten haben einen neuen Arbeitgeber zu finden, der bereit ist ihn einzustellen.
Gleichzeitig dem Prinzip von Wahrheit und Wohlwollen zu genügen, kann zu Spannungen führen. Einerseits darf der Arbeitgeber das Zeugnis nicht “schönen“, andererseits muss er mit seinen wahrheitsgemäßen Angaben dann vorsichtig sein, wenn diese dem Arbeitnehmer zukünftig beruflich schaden könnten.
Die Praxis versucht diese Spannung durch die “Zeugnissprache“ aufzulösen.
Zudem gilt das Vollständigkeits- sowie das Einheitlichkeitsprinzip.
Das Zeugnis muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für potenzielle neue Arbeitgeber von Interesse sind.
Ferner muss das Zeugnis auf einem einheitlichen Dokument erteilt werden. Getrennte Zeugnisse für verschiedene Tätigkeiten sind nicht zulässig.