LAG Hamm, Urt. v. 01.06.2011 - 4 Sa 1772/10
Der Arbeitgeber muss in einem Gerichtsverfahren solche Tatsachen darlegen und beweisen, zu denen nur er Zugang hat, selbst wenn in einem konkreten Fall der Arbeitnehmer eigentlich beweispflichtig ist.
In diesem Fall bestand die Besonderheit darin, dass dem Arbeitnehmer aufgrund einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) gekündigt worden war.
Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmer unterrichtet und mit dem Betriebsrat einen entsprechenden Interessenausgleich ausgearbeitet, in dem der Arbeitnehmer erwähnt worden ist.
Nach § 1 Abs. 5 KSchG wird in solchen Fällen gesetzlich vermutet, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgte. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber die dringenden betrieblichen Gründe an und für sich nicht mehr beweisen muss. Wenn der Arbeitnehmer der Meinung ist, dass dringende betriebliche Gründe nicht vorlagen, muss er dies beweisen.
In dem vorliegenden Fall bestand die Besonderheit darin, dass der Arbeitnehmer nicht über ausreichende Einsichten in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers verfügte. Der Arbeitnehmer konnte nicht nachprüfen und damit auch nicht beweisen, ob sein Arbeitsplatz durch die Betriebsänderung tatsächlich weggefallen ist oder nicht. Der Arbeitnehmer hat den Wegfall seines Arbeitsplatzes bestritten und von dem Arbeitgeber verlangt zu beweisen, dass der Arbeitsplatz auch tatsächlich weggefallen ist. Der Arbeitgeber hat dies mit Blick auf den § 1 Abs. 5 KSchG abgelehnt, obwohl er in dem vorliegenden Fall einen derartigen Beweis wohl hätte erbringen können.
Das Gericht hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber trotz der gesetzlichen Vermutung des § 1 Abs.5 KSchG das Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse beweisen muss, wenn der Arbeitnehmer das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses bestreitet es aber nicht beweisen kann.
Die Kündigung wurde aufgehoben.